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Metz im Advent
– Zwischen Kathedrale und Laternenpfad
Wenn im November die ersten Lichter über der Mosel aufglimmen, verändert sich Metz.
Die Stadt, die in ihrer Geschichte so oft geteilt, besetzt, neu erfunden wurde, findet im Advent eine Ruhe, die selten geworden ist. Keine grelle Kulisse, keine Überfülle, sondern eine leise, wärmende Bewegung: von Platz zu Platz, von Licht zu Licht.
Der Weihnachtsmarkt von Metz gehört zu den ältesten und eigenwilligsten Frankreichs. Er verteilt sich nicht auf ein Zentrum, sondern auf ein Geflecht von Orten – jeder mit seinem eigenen Charakter, seiner eigenen Geschichte. Zwischen den gotischen Bögen der Place Saint-Louis, der majestätischen Kathedrale Saint-Étienne und dem flüsternden Moselufer entsteht etwas, das über das Fest hinausgeht: ein Gefühl von Zugehörigkeit.
Denn in Metz ist Weihnachten nicht bloß ein Markt. Es ist eine Wiederkehr – von Licht, Sprache, Erinnerung.
Metz im Advent – Zwischen Kathedrale und Laternenpfad
Am späten Nachmittag legt sich ein matter Schimmer über die Dächer von Metz. Der Nebel, der vom Fluss heraufzieht, mischt sich mit dem Duft von Zimt, heißem Apfelwein und gebrannten Mandeln. Auf den Plätzen der Altstadt glimmen die Lichter, noch zaghaft, als müssten sie sich erst an das Dunkel gewöhnen. Dann aber – fast unmerklich – verwandelt sich die Stadt: aus dem Grau des Tages wird ein warmes, bewegtes Lichtgewebe.
Die Rückkehr des Lichts
Metz hat eine besondere Beziehung zur Dunkelheit. Vielleicht, weil hier das Mittelalter nie ganz verschwunden ist – in den Arkaden der Place Saint-Louis, in den Gassen zwischen Kathedrale und Moselufer, in den steinernen Bögen, die von Jahrhunderten des Kriegs und der Wiederkehr erzählen. Wenn der Weihnachtsmarkt beginnt, scheint die Stadt nicht einfach zu feiern, sondern etwas wiederherzustellen: eine Balance zwischen Geschichte und Gegenwart, Kälte und Licht, Erinnerung und Gegenwart.
Fotos mit freundlicher Genehmigung der Agence Inspire Metz. / Photos avec l’aimable autorisation de l’Agence Inspire Metz.
Place de la République
– das offene Herz
Der größte der Märkte liegt auf der Place de la République, einer weiten Fläche, auf der die Stadt sich sammelt. Hier steht der große Weihnachtsbaum, hier drehen sich die Karussells, hier laufen Kinder in roten Mützen über das Eis. Der Platz ist keine mittelalterliche Idylle, sondern ein offenes Forum – umgeben von moderner Architektur, von Lichtern, die klarer und weißer sind als anderswo. Und doch liegt über allem etwas Feierliches.
Von der Eisbahn aus blickt man hinüber zum City Skyliner, dem gläsernen Aussichtsturm, der die Stadt aus 80 Metern zeigt. Von oben sieht man, wie das Netz der Märkte sich über Metz spannt – ein Kranz aus Lichtpunkten, verbunden durch schmale Gassen, deren Kopfsteinpflaster in Gold und Blau schimmert.
Place d’Armes – das Auge der Kathedrale
Ein paar Schritte weiter öffnet sich der Platz d’Armes, an dessen Rand die Kathedrale Saint-Étienne thront. Sie ist kein Hintergrund, sondern der eigentliche Mittelpunkt dieses Teils des Markts: ihr Stein leuchtet wie Honig im Widerschein des Riesenrads. Die Chalets drängen sich um sie wie kleine Hütten am Fuß eines Gebirges.
Hier riecht die Luft nach Harz und Holz. Händler aus der Mosel, aus den Vogesen, aus Luxemburg bieten Kunsthandwerk an: geschnitzte Sterne, handgeblasenes Glas, bemalte Kerzenständer. Und über allem das Surren der Gondeln, das metallische Klirren, wenn eine Tasse auf den Tisch gestellt wird.
Abends, wenn die Kathedrale ihre Lichterspiele zeigt – Projektionen, die die Fassade in wechselnde Farben tauchen –, scheint die Grenze zwischen Sakralem und Profanem aufgehoben. Der Markt wird zum Vorplatz der Geschichte, und die Geschichte antwortet mit Licht.e.
Place Saint-Louis – das Gedächtnis aus Stein
Wer von hier hinabgeht in Richtung Moselufer, erreicht den ältesten Teil des Markts: die Place Saint-Louis. Unter ihren gotischen Arkaden, gebaut aus dem gelblichen Jaumont-Stein, pulsiert das Herz des alten Metz. Es ist enger hier, dichter, wärmer.
Die Händler sprechen Französisch, Deutsch, manchmal auch Lothringer Platt. Ihre Waren: Krippenfiguren, Filztiere, Schals aus Wolle, Brot aus Sauerteig. Über den Köpfen hängt ein Gewirr aus Lichterketten, das sich in den Fenstern spiegelt. Wenn es zu schneien beginnt, verwandelt sich der Platz in ein Tableau – fast wie eine Bühne, auf der die Stadt ihre eigene Erinnerung spielt.
Man spürt hier den alten Reichtum von Metz, die Zeit der lombardischen Kaufleute, die unter diesen Arkaden ihre Münzen zählten. Der Weihnachtsmarkt knüpft unbewusst daran an: Handel und Fest, Arbeit und Glanz, Vergangenheit und Gegenwart.nnte.
Place Saint-Jacques – das kulinarische Intermezzo
Von der Saint-Louis aus zieht der Duft weiter – Rauch, Zucker, Vanille. Die Place Saint-Jacques ist kleiner, aber lebendig, fast lärmend. Hier kommen die Menschen nicht zum Kaufen, sondern zum Bleiben. Sie stehen dicht gedrängt, trinken vin chaud, lachen, reden laut.
Das Publikum ist gemischt: Studierende, Rentner, junge Familien, Touristen. Über den Tischen hängen Girlanden, die Musik wechselt zwischen Chansons und Jazz. Es ist der geselligste Ort des Markts, und doch liegt über allem eine französische Gelassenheit, eine Art urbaner Ruhe im Trubel.
Square Boufflers – der Weg der Lichter
Wenn die Nacht hereinfällt, wird der Square Boufflers zu einem eigenen Reich. Der Sentier des Lanternes zieht sich entlang des Moselufers, ein Pfad aus Hunderten leuchtender Figuren – Tiere, Engel, Kinder, Fantasiewesen. Manche erinnern an chinesische Laternen, andere an alte Glasmalereien aus der Kathedrale.
Die Kinder bleiben staunend stehen, Erwachsene werden still. Man spürt, dass dieser Teil des Markts nicht zum Kaufen gedacht ist, sondern zum Sehen, vielleicht auch zum Erinnern. Die Laternen erzählen ohne Worte von Kindheit, vom Winter, vom Wunsch, dass etwas bleibt, wenn das Jahr vergeht.
Place de la Comédie – das leise Finale
Am Ende, wenn man die Brücke überquert, erreicht man die Place de la Comédie – zwischen Oper und Mosel. Hier ist der Markt kleiner, fast intim. Lichter spiegeln sich im Wasser, Musik klingt aus der Ferne, jemand spielt Akkordeon.
Die Stände bieten Wein aus der Mosel, Terrinen, Foie gras, Trüffel. Es ist ein Markt für die Langsamen, für jene, die sich nicht drängen lassen. Man sitzt auf Holzbänken, schaut auf den Fluss, hört das Rauschen, das Klirren der Gläser.
Hier endet der Weg durch den Weihnachtsmarkt von Metz, aber er schließt zugleich einen Kreis: vom weiten Platz der Republik über die Geschichte, das Licht und den Klang – bis zu dieser stillen Ecke, wo das Jahr seinen Atem anhält.n, die sie einmal kannte.
Zwischen Geschichte und Gegenwart
Vielleicht ist das das Geheimnis des Marktes in Metz: dass er nicht bloß Lichter aufhängt, sondern eine Erinnerung an die Wärme inmitten einer Stadt, die so oft zwischen Mächten, Sprachen, Zeiten stand.
Das Licht hier ist nicht grell. Es ist ein wärmendes, ruhiges Licht, das über den Stein gleitet wie eine Hand über eine alte Schrift. Und wenn man spät in der Nacht durch die leeren Gassen zurückgeht, scheint es, als lausche die Stadt noch immer – auf die Stimmen, die sie einmal kannte.









© Bildrechte: La Dernière Cartouche / LdLS
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Markus Lüpertz Porträtkarikatur
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