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Der letzte Satz darf nicht gefallen

Über das stille Sterben des Feuilletons

Das Feuilleton war einmal ein Ort des Spiels. Der Ironie, der Doppelbödigkeit, der Ahnung. Heute ist es ein Erziehungsinstrument. Aus der Kunst der Andeutung ist der Aktivismus der Haltung geworden. Wer sich dem entzieht, wird aussortiert – nicht durch Zensur, sondern durch Schweigen. Das Verbot beginnt nicht mit dem Stempel, sondern mit dem Weglassen. „Verbotenes Feuilleton“ ist unsere Antwort darauf.

Clemence Moreau

✍️ Clemence Moreau

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📰 Medium: La Dernière Cartouche

Es ist nicht der Staat, der verbietet. Es ist der Markt, die Redaktion, die Empörung. Es ist das Mienenspiel der Kollegen, die Stille nach dem Satz, das milde Lächeln der Überlegenheit. Wer heute in Zeitungen liest, findet oft keine Texte mehr, sondern Absicherung. Keine Handschrift, sondern Haltung. Keine These, sondern Therapievorschlag.

Das klassische Feuilleton war immer Ort des Experiments, der Zuspitzung, der Grenzsprengung. Ein Aphorismus durfte neben einer Polemik stehen, ein Gedicht neben einem Angriff auf die Gegenwart. Heute: alles glatt. Alles safe. Alles „im Ton der Zeit“.

Ironie ist gefährlich geworden. Denn Ironie braucht Vertrauen – dass der Leser versteht, dass man nicht sagt, was man meint. In Zeiten digitaler Denunziation ist das zu riskant. Und so verödet das Gelände, auf dem einst die Sprachgewalt tobte.

Feuilleton als Feigenblatt

Die großen Häuser halten sich das Feuilleton wie eine alte Katze: zum Vorzeigen. Sie darf noch schnurren, aber beißen darf sie nicht mehr. Literarische Debatten? Zu gefährlich. Philosophische Querschläger? Zu unverständlich. Stattdessen: Serienkritiken, Interviewstrecken, Genderpreisverleihungen.

Wer es wagt, einen Satz zu schreiben, der „falsch gelesen werden könnte“, wird nicht diskutiert – sondern entsorgt. Die Angst vor dem Missverständnis ersetzt die Lust am Mehrdeutigen.

Warum wir das Verbotene brauchen

Das Verbotene Feuilleton will zurück, was verloren ging: Das Recht, falsch verstanden zu werden. Das Spiel mit dem Abgrund.
Den Satz, der nichts will – außer gedacht zu werden. Wir schreiben hier nicht, was man darf.
Wir schreiben, was man denkt, wenn niemand mitliest. Oder wenn alle mitlesen – aber keiner bekennt.

Madame de Maintenon

Madame de Maintenon – Im Schatten des Sonnenkönigs, im Licht der Erinnerung

Es gibt Figuren, die nicht Königinnen waren und dennoch königlicher wirken als jene, die die Krone trugen. Madame de Maintenon gehört zu ihnen. In Frankreich bleibt ihr Name bis heute vertraut – als Gouvernante, als Vertraute Ludwigs XIV., als Gründerin von Saint-Cyr. Nicht in Skandal und Glanz wurzelt ihre Erinnerung, sondern in Ernst, Beharrlichkeit, moralischer Strenge. Für manche ist sie bis heute eine Ikone: eine Frau, die aus Armut kam, in den intimsten Zirkel der Macht aufstieg und ihren Platz behauptete, ohne je die Krone zu beanspruchen. In Zeiten, in denen Geschichte sich oft in Schlagworten verliert, lohnt es, sich ihr zuzuwenden: Françoise d’Aubigné, Marquise de Maintenon.
La Sarre comme pièce didactique inachevée© Bildrechte: La Dernière Cartouche / LdLS

Berthold Brecht und die Saar

Die Saar hätte sich die Autonomie nehmen können. Durch Streiks, durch eine politische Avantgarde, die sagt: „Wir definieren uns selbst – nicht als Bittsteller, sondern als Gestalter.“ Stattdessen wählte man das bekannte Übel über das unbekannte Risiko. „Es war vernünftig“, hätte Brecht zugestimmt. „Und genau das war das Problem. Vernunft ist oft nur der Name für das, was man nicht zu ändern wagt.“

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