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Die Sprache, die aufrecht blieb
(La langue qui s’est tenue droite)
von Alain Rakotomalala – für La Dernière Cartouche
Viele nennen das Französische eine schöne Sprache, doch Schönheit erklärt seine Geschichte nicht. Entscheidend ist seine Beharrungskraft. Diese Sprache hat gelernt, sich zu behaupten, leise und zugleich bestimmt.
Seit Jahrhunderten bewahrt das Französische das Gedächtnis einer Kultur, die Ordnung als Form des Denkens verstand. Im siebzehnten Jahrhundert gründete Frankreich die Académie française und erhob die Pflege der Sprache zu einer Staatsaufgabe. Grammatik wurde zur Architektur des Verstandes, Stil zu einer Frage der Haltung. Wer Französisch sprach, lernte, Gedanken zu gliedern.
Andere Sprachen verloren unter dem Druck von Handel, Technik und Geschwindigkeit an Präzision. Das Französische vereinfachte sich, ohne seine Substanz zu verlieren. Es machte Klarheit zu seiner Eleganz. Reduktion bedeutete nicht Verarmung, sondern Maß.
Diese Sprache blieb dennoch offen. Sie reiste über Meere und fand neue Stimmen. In Dakar, Port-au-Prince, Antananarivo oder Saint-Louis du Sénégal nahm sie andere Rhythmen auf. Wörter wie maloya, toubab, bazar oder djembé traten ein und blieben. Die Republik wollte ein Werkzeug der Einheit, doch die Sprache wurde ein Raum gemeinsamer Erfahrung.
Heute bildet das Französische ein Archipel aus Akzenten und Erinnerungen. Es verbindet Texte von Rousseau mit den Versen der Straßenpoeten, Verträge mit Gedichten, Verwaltungssprache mit Intimität. Diese Vielfalt zerstört nicht, sie trägt. In ihr liegt die Lebenskraft des Französischen.
Die Sprache behauptet sich, weil sie atmet. Sie bleibt beweglich, verletzlich, aufnehmend. Ihre Dauer beruht nicht auf Herrschaft, sondern auf ihrer Fähigkeit zur Wandlung. Eine Sprache überlebt, wenn sie hört, was andere sagen, und antwortet, ohne sich selbst zu verleugnen.

© Bildrechte: La Dernière Cartouche
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