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Die stille Mobilmachung
Vom ‚Nie wieder Krieg‘ zur Pflicht zum Widerstand: Wie die Kirche den Pazifismus verrät“
Die stille Mobilmachung von Pierre Marchand
Es ist laut. Kampagnen, Slogans, Videos, Werbetafeln, Social-Media-Offensiven, Rekrutierung in Schulen – das ist keine stille Verschiebung, sondern eine orchestrierte Normalisierung militärischer Sprache.
Boris Pistorius spricht selten von Pflicht, nie von Zwang³. Er hat verstanden, dass in einem Land, dessen politische DNA von der Furcht vor dem Befehl geprägt ist, nur das Angebot legitimiert, was früher Befehl war⁸. So entsteht ein paradoxes Gebilde: ein freiwilliger Wehrdienst, der in seiner Logik längst ein kollektives Pflichtgefühl weckt⁴.
Rein juristisch ist alles klar: Die Wehrpflicht ruht, doch sie lebt im Gesetz fort¹⁰. Sie ist wie ein Samen im Staub – unscheinbar, aber bereit, sobald der Wind der Unsicherheit wieder weht⁵. Und dieser Wind weht bereits⁹.
Die wirtschaftliche Schwere, die Angst vor dem Abstieg, die fragile Ordnung Europas – all das schafft jenen psychologischen Druck, den keine Regierung verordnen muss⁶.
Während Märkte zittern und Wohlstand sich verflüchtigt, erscheinen sichere Gehälter, Führerscheine und Studienmöglichkeiten plötzlich wie Instrumente nationaler Fürsorge²⁸. Die jungen Männer und Frauen, die sich heute melden, folgen keinem Ruf der Fahne, sondern einem leisen Instinkt: Stabilität suchen, wo sie noch verlässlich ist – beim Staat³.
Diese Tendenz ist keine Überraschung. Pistorius nutzt die Bewegung, ohne sie zu forcieren¹. Er hat den Apparat so justiert, dass er auf freiwilliger Basis funktioniert, aber auf Pflicht vorbereitet bleibt⁴⁷. Ein Fragebogen ersetzt vorerst die Musterung, ein mögliches Losverfahren soll greifen, wenn Freiwilligkeit nicht genügt⁵. Wer antwortet, tritt ein; wer schweigt, bleibt in der Kartei des Möglichen. Es ist kein Zwang, aber auch kein Zufall⁶.
In den offiziellen Berichten klingt das nüchtern: Bewerberzahlen steigen, Personaltrend positiv, Abwärtsspirale gestoppt²⁹. Doch hinter diesen Kurven zeichnet sich etwas Tieferes ab – eine Rückkehr des Staates als Schicksalsverwalter. Europa hatte sich an den Bürger als Konsumenten gewöhnt; nun entdeckt es ihn wieder als Bestandteil einer Schutzgemeinschaft³.
Die Rückkehr des Wehrdienstes – ob freiwillig oder als moralische Selbstverpflichtung – ist weniger eine politische Entscheidung als eine tektonische Bewegung⁸. Sie folgt keiner Ideologie, sondern einem Mangel: an Richtung, an Ruhe, an Sinn¹.
Pistorius versteht diese Verschiebung. Er zwingt nicht – er wartet³. Und in diesem Warten wächst eine neue Form der Loyalität: leise, rational, beinahe zivil²⁴. So kehrt das Militärische nicht durch den Befehl zurück, sondern durch das Bedürfnis⁵⁹. Das ist kein Pathos, sondern Statistik⁷.
Und das war, in der Geschichte, stets die wirksamste aller Mobilmachungen¹⁰.
Fußnoten
- Bundesministerium der Verteidigung – Neuer Wehrdienst: Konzept von Boris Pistorius (2024)
- ZDFheute – Kabinett billigt Plan von Pistorius: Neuer Wehrdienst kommt (2024)
- Zeit Online – Pistorius und Breuer schließen verpflichtenden Wehrdienst nicht aus (2025)
- Deutschlandfunk – Pistorius will Wehrpflicht als Möglichkeit in neuem Gesetz verankern (2025)
- taz – Wehrdienstgesetz soll Hintertürchen für Wehrpflicht bekommen (2024)
- Legal Tribune Online – Neuer Wehrdienst: Das hat das Kabinett geplant (2024)
- Soldat & Technik – Option für Wehrpflicht als Möglichkeit in neuem Gesetz verankern (2025)
- Vorwärts – Pistorius-Plan: So soll der neue Wehrdienst aussehen (2024)
- Deutschlandfunk – Debatte um Wehrdienst: Zurück zur Wehrpflicht oder Freiwillige? (2024)
- Wikipedia – Wehrpflicht in Deutschland (Stand 2025, juristische Grundlagen)
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